Bei Geld hört die Freundschaft auf – auch innerhalb der Familie. Wer Erbstreitigkeiten vermeiden will, sollte sich daher besser auf den Ernstfall vorbereiten und einige wichtige Dinge beachten.
Von Marcus Creutz
Etwas vererbt zu bekommen, ist eigentlich ein freudiges Ereignis – so jedenfalls die landläufige Meinung. Schließlich winken üppige Geldüberweisungen oder die Überschreibung von Immobilien. Doch in der Realität ist meist der Wunsch Vater des Gedankens. Denn in vier von fünf Fällen erbt nicht einer allein, sondern zusammen mit anderen Familienmitgliedern oder der ungeliebten Schwiegermutter. So wie etwa im aktuellen, prominenten Fall Reinhold Messner.
Familientragödie wäre vermeidbar gewesen
Am 17. September 2024 feierte Reinhold Messner seinen 80. Geburtstag. Seine eigenen vier Kinder wollte er dabei jedoch nicht sehen. Grund ist ein coram publico ausgetragener Familienstreit um sein Erbe, das durch ein Interview in der „Apotheken Umschau“ bekannt wurde. Darin bezeichnete Messner die lebzeitige Übertragung seines auf 30 bis 40 Millionen Euro geschätzten Vermögens auf die Kinder als einen seiner größten Fehler. Das ist bitter. Denn hätte sich Messner den richtigen Nachlassexperten geleistet, wäre es zu der Familientragödie aller Voraussicht nach gar nicht erst gekommen.
Brechen Streitigkeiten über das Erbe aus, zu Lebzeiten oder nach dem Ableben einer geliebten Person, ist das nicht nur belastend, es kann auch fatale Folgen haben. Denn was sich kaum jemand klar macht: Der Dauerstress um den eigenen Erbanteil macht Erben krank, manche sogar schwer krank. „Willkommen in der eiskalten Welt der Erbengemeinschaft, in der jeder noch so billige Psychotrick erlaubt und eher zart besaitete Erben jahrelangem Stress ausgesetzt sind“, weiß Betriebswirt Manfred Gabler. „Bis der Stress irgendwann an der Gesundheit nagt und chronische Krankheiten entstehen. Erst dann wachen viele Erben auf und begreifen, dass sich selbst mit einer millionenschweren Erbschaft die eigene Gesundheit nicht zurückkaufen lässt. Sie suchen deshalb den schnellen Ausstieg aus der zerstrittenen Erbengemeinschaft“, sagt der Geschäftsführer der Weilheimer Fa. ErbTeilung.
Auch der Familienzusammenhalt lässt sich mit Geld wohl nicht zurückkaufen. Für Reinhold Messner und seine vier Kinder führte das Überlassen seines Vermögens vor seinem Ableben zum Kontaktabbruch. „In dem Moment, als ich mein materielles Erbe an die Kinder und Ehefrau verteilt hatte, zerbrach die Familie. Die Frage, wer mehr bekommen hat, stand im Vordergrund, und ich stand mit 75 am Abgrund.“
Stress war früher überlebenswichtig
Ursprünglich war Stress für den Menschen überlebensnotwenig. Stress sorgt nämlich dafür, dass dem Körper unter anderem Adrenalin und Cortisol zugeführt wird. Dadurch kann der Mensch einer Gefahr schnell ausweichen oder den Aggressor angreifen. Ist die Gefahr gebannt, sinkt auch der Cortisolspiegel im Blut und der Mensch entspannt sich wieder. Heute herrscht dagegen bei vielen Menschen eine Art Dauerstress vor.
Studie legt gesundheitsgefährdende Stressfaktoren offen
Zu viel Arbeit, ein schlechtes Betriebsklima, der Tod eines geliebten Menschen, Eheprobleme, die Pflege von Angehörigen, finanzielle Sorgen – all das kann auf die Gesundheit schlagen. Das hat kürzlich ein Team des University College London (UCL) und des Kings College im Vereinigten Königreich herausgefunden. Sie untersuchten die Konzentration bestimmter Biomarker, die mit etlichen stressbedingten Leiden in Verbindung stehen, im Blut von fast 5.000 Erwachsenen.
Dazu nutzten die Wissenschaftler Daten einer kontinuierlichen Langzeituntersuchung zum Gesundheitszustand britischer Bürgerinnen und Bürger über 50. Wie befürchtet, fanden die Forschenden bei all jenen, die generell übermäßig viel Stress erlebten, eher erhöhte Konzentrationen von Biomarkern und Cortisol im Blut. Bei ihnen lag die Wahrscheinlichkeit, zur Hoch-Risiko-Kategorie zu zählen, im Vergleich zu wenig oder moderat belasteten Probanden um gut 60 Prozent höher.
Finanzieller Druck macht krank
Ein Faktor steigert dabei das Krankheitsrisiko laut Studie deutlich stärker als andere: finanzieller Druck nämlich. Der Grund: Geldsorgen beeinflussen gleich mehrere Bereiche unseres Lebens und können zu familiären Konflikten, sozialer Ausgrenzung und sogar zu Hunger oder Obdachlosigkeit führen. Platz zwei der ungünstigsten Stressfaktoren belegt die Trauer um den Tod eines nahen Menschen, Platz drei die psychische Belastung, die mit einer längeren Krankheit verbunden ist. Überraschend: Eine eigene Behinderung, ein pflegebedürftiger Angehöriger und selbst eine Scheidung stachen dagegen nicht heraus.
Bei Erben kommen mehrere Stressfaktoren zusammen
Häufig summieren sich bei Erben mehrere Stressfaktoren: Eine Erbin hat den Erblasser vor dessen Tod aufopferungsvoll gepflegt. Ihr geht sein Tod deshalb extrem nahe. Sie verfügt über wenig Geld und möchte von den Miterben einen Anteil für die alleinige Pflege des Vaters. Die Geschwister sehen das entgegen der geltenden Rechtslage nicht ein und verzögern jahrelang die Auflösung der Erbengemeinschaft. Die Miterbin muss Kredite aufnehmen, um ihren Anwalt bezahlen zu können. „Besonders heftig wirkt sich Stress aus, der eine emotionale Ursache hat. Und das ist bei Erbengemeinschaften immer der Fall“, sagt Manfred Gabler. Ihn erreichen jährlich Hunderte Anfragen gestresster Erben, die aus der Erbengemeinschaft schnell rauswollen. Dabei hat Gabler den immer gleichen äußeren Ablauf beobachtet.
Die drei Stufen gestresster Erben
Auf der ersten Stressstufe steht der Tod eines Elternteils, gefolgt von der Ungewissheit, ob und wie man geerbt hat. Unsicherheit macht sich breit, weil die Erben nicht wissen, wo sie die erforderlichen Unterlagen herbekommen und was grundsätzlich zu tun ist nach den ersten Tagen/Wochen. Klar ist: Routine hat keiner der Erben. Denn statistisch gesehen erbt jeder Deutsche 1,2 mal im Leben. Und das verursacht schon am Anfang massiven Stress. Dann kommt die zweite Stufe, auf der der Erbe erkennt, dass er nicht allein erbt („Ich erbe mit meinen Geschwistern und muss mich wehren, verteidigen, argumentieren.“). Streit entsteht und die Auflösung der Erbengemeinschaft gelingt über Jahre nicht.
Dies führt zu Dauerstress, weil man es jeden Tag am Morgen und am Abend in seinem Kopf hat – und dies über viele Monate und Jahre. Das führt in der Maximalausprägung zu handfesten psychischen Problemen bis hin zu Depressionen. Denn wie man gegen Stress in Erbengemeinschaften resilient wird, hat niemand der Erben gelernt. Auf der dritten Stufe bekommt der psychisch stark angeschlagene Erbe physische Probleme wie Diabetes, Herz- und Kreislauferkrankungen, Krebs usw.
Ballast über Bord werfen
„Wenn ein Erbe angeschlagen ist, sollte er schnell umdenken, d. h. seine Kräfte bündeln und Ballast über Bord werfen. Alles, was einer Genesung im Weg steht, muss weg. Und da gehört als erstes die Erbengemeinschaft dazu: Man will sie daher schnellstmöglich hinter sich bringen. Wenn da nicht der skrupellose Miterbe wäre, dem es egal ist, ob man krank ist oder nicht. Der Miterbe blockiert und setzt den kranken Erben zusätzlich unter Druck“, beobachtet Manfred Gabler immer wieder. Dadurch werde der kranke Erbe regelrecht zum Verkauf des Erbanteils getrieben – egal, was es kostet. Man will sich eben nicht weiter damit belasten. Die Gesundheit ist wichtiger.
Alternative Erbabwicklung
Der Erbanteilsverkauf ist sicher eine Möglichkeit, um die Erbengemeinschaft schnell zu verlassen. Alternativ bietet die Fa. ErbTeilung auch die so genannte Erbabwicklung an. Zusammen mit anderen Experten wie Sachverständigen, Juristen und Betriebswirten vertritt ErbTeilung den erkrankten Erben in der Erbengemeinschaft und sorgt für eine schnelle Auflösung. Das kostet den Erben nichts. Nur im Erfolgsfall erhält ErbTeilung eine Prämie. Für den gestressten Erben ist diese Vorfinanzierung beruhigend. Er kann sich ganz aus dem Stressfeld der Erbengemeinschaft rausziehen und sich auf seine Genesung konzentrieren.
Übertragung des Vermögens zu Lebzeiten
Hätte sich Reinhold Messner im Vorfeld der Schenkungen besser beraten lassen, wäre ihm wohl viel des ungesunden Stress und Ärgers erspart geblieben. Denn auch für Eltern, die ihren Kindern ihr Vermögen schon zu Lebzeiten übertragen möchten, gibt es zahlreiche Möglichkeiten sich vor Undank und Verschwendung abzusichern. Das fängt damit an, dass das Vermögen „nur“ alle zehn Jahre, also in gut geplanten Etappen und in den Grenzen der erbschaftsteuerlichen Freibeträge übertragen wird. Dabei können Ehepartner alle zehn Jahre mit 500.000 Euro steuerfrei beschenkt werden. Der Freibetrag für jedes Kind beträgt 400.000 Euro, wobei hier sowohl der Vater als auch die Mutter jeweils 400.000 Euro je Kind schenken können. 200.000 Euro Freibetrag gibt es für Enkelkinder.
Familienpool für langfristige Lösungen
Außerdem können sich die Eltern Nießbrauchs- und Wohnrechte an Immobilien einräumen lassen. Will der Erblasser verhindern, dass das Familienvermögen im Laufe der Zeit immer weiter innerhalb und außerhalb der Familie verteilt wird, kann er stattdessen die Immobilien, aber auch Unternehmensbeteiligungen, in einen Familienpool einbringen. Dazu wird meist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), eine Kommanditgesellschaft (KG) oder – wegen der Haftungsbeschränkung – eine GmbH & Co.KG gegründet, in der die Familienmitglieder Gesellschafter werden.
„Im Gesellschaftsvertrag der Familiengesellschaft lässt sich im Grunde genommen alles regeln. Und selbst wenn die Eltern nur minimale Gesellschaftsanteile halten, können sie verfügen, dass ihre Stimmrechte und Gewinnbeteiligung nahe bei 100 Prozent bleiben“, erklärt Manfred Gabler – und fügt hinzu: „Messner hätte mit unserem Wissen definitiv einiges besser machen können.“ Last, but not least können sich Erben auch ohne Gesellschaftsvertrag die Rückübertragung des Geschenks vorbehalten, falls der Beschenkte das Geschenk nicht schätzt.
Kontakt: Erbteilung GmbH, Rathausplatz 15, 82362 Weilheim, Tel.: 089/21704906, anfrage@erbteilung.de, www.erbteilung.de