Der Bundesverband der Campingunternehmer (BVCD) hat seit dem 01.02.2024 einen neuen Geschäftsführer. CI sprach mit Prof. Dr. Frank Schaal über seine ersten Eindrücke im Amt.
CI: Prof. Schaal, die ersten 100 Tage im Amt sind geschafft. Wie fühlen Sie sich von der Campingfamilie aufgenommen? Schaal: Ich denke, dass ich gut aufgenommen wurde. Zwischenzeitlich habe ich sehr viele interessante Leute aus der Campingbranche kennengelernt und viele tolle Gespräche geführt. Insgesamt ergibt sich ein gutes Gefühl, und es gibt viel zu tun.
CI: Wie kam es eigentlich zu der Entscheidung, die Geschäftsleitung des Bundesverbandes zu übernehmen? Schaal: Seit meiner Studienzeit in den 90er-Jahren arbeite ich schon in unterschiedlichen Positionen und fast alle hatten auch einen starken touristischen Bezug. Als ich die Ausschreibung zur Stelle las, hat mich das sofort angesprochen, und wenn sich eine Chance für eine gute Entwicklung ergibt, sollte man sie auch wahrnehmen. Und das habe ich getan.
CI: Ruhen Ihre Tätigkeiten an der Universität derzeit? Schaal: Nur teilweise. Ich lehre immer noch gelegentlich an Hochschulen. Gegenwärtig an der HWR Berlin, wo ich Destinationsmanagement lehre. Das macht Spaß und man bekommt auch immer guten Input für die eigenen Themen im Rahmen der Campingwirtschaft. Zudem ist es wichtig, dass die Studierenden auch mehr über die Campingbranche erfahren, denn in vielen Tourismusstudiengängen ist das Thema immer noch viel zu wenig verankert.
CI: In einer ersten Stellungnahme vor Amtsantritt sprachen Sie vom schlafenden Riese Camping, der geweckt werden müsste. Wie schätzen Sie dies heute ein? Schaal: Es ist nicht der schlafende Riese, sondern ein zu wenig sichtbarer Riese. Wir sind ein ökonomischer und auch nachhaltiger Gigant innerhalb der Tourismusbranche, aber man redet zu wenig über uns in der Tourismusszene und auch in den Gebietskörperschaften. Wir müssen also sichtbarer werden und auch selbst mehr über uns sprechen. Und nicht nur bei Campern. Wir haben noch ein riesiges Potenzial, das es zu heben gilt. Generell sollten wir uns in unserer Bedeutung anders positionieren. Wir sind keine traditionelle Tourismusform, bei der alles beim Alten geblieben ist. Wir müssen uns vielmehr als spannende, sehr heterogene Lifestyle-Branche sehen, in der man viele unterschiedliche Erlebnisse mit nachhaltigem Charakter bündeln kann. Mit neuen Übernachtungsarten wie im Bereich des Mietcampings und technischen Weiterentwicklungen kann sich da viel ergeben, was eine große Tragkraft besitzt.
CI: Braucht es dazu nicht mehr Campingplätze beziehungsweise mehr Parzellen? Schaal: Nicht zwangsläufig mehr Plätze. Aber es wäre natürlich sinnvoll. Mehr Gäste können auch durch längere Saisonzeiten generiert werden, diese können wiederum durch zusätzliche innovative Produkte wie Mietcamping (Mobile Homes etc.) generiert werden. Im Rahmen des gegenwärtigen Baurechts mit seinen unterschiedlichen Auslegungen auf Länderebene sind die Neuanlage und die Erweiterung von Campingplätzen sehr restriktiv gehandhabt. Da braucht man als Investor meist einen langen Atem. Aber letztlich sollten sich auch die Kommunen viel mehr mit den Themen auseinandersetzen, denn Camping hat ein enormes Wertschöpfungspotenzial vor Ort. In vielen Kommunen ist dies allerdings noch nicht bekannt. Ich habe vor ein paar Tagen einen Bürgermeister aus Süddeutschland diesbezüglich beraten. Vieles von dem, was ich erwähnte, war ihm nicht bewusst. Die Kommunen brauchen also dringend mehr Wissen über Camping. Das ist auch etwas, an dem wir gemeinsam arbeiten müssen.
CI: Es heißt, dass von der ersten Idee über die Planung bis zur Einweihung eines Campingplatzes in Deutschland zehn Jahre vergehen. So wird das nichts mit dem Wachstum. Schaal: Das ist unser generelles Problem. Wir in Deutschland sind Planungsweltmeister, aber nicht Entscheidungs- und Umsetzungsweltmeister. Wir brauchen viel zu viel Zeit, bis Genehmigungen erteilt werden und bis es endlich losgeht. Das ist für unsere Wirtschaft ein schlechtes Zeichen, denn in anderen Ländern geht das deutlich einfacher und schneller. Unternehmer müssen ja schnell in die Umsatzphase kommen und wenn das in Deutschland nicht möglich ist, wird auch perspektivisch hier zu wenig investiert. Das ist definitiv ein strukturelles Thema, das von der Politik angegangen werden muss. Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen fressen die Langsamen!
CI: Apropos Lobbyarbeit. Sie waren beim ersten österreichischen Gipfeltreffen in Graz. Was haben Sie dort mitgenommen? Schaal: Der erste österreichische Campinggipfel war hervorragend organisiert und umgesetzt. Ich habe sehr viele positive Anregungen mitgenommen, vor allem auch die, dass wir eine ähnliche bundesweite Veranstaltung dieser Art dringend benötigen. Auch eine groß angelegte Studie über den Campingtourismus in Österreich wurde vorgestellt. Wir brauchen etwas Ähnliches für Deutschland. Es war in Graz auch offensichtlich, dass die österreichische Politik und das Destinationsmanagement eine gute Wahrnehmung hat in Bezug auf das Thema Camping – und zwar auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene. Das brauchen wir auch in Deutschland.
CI: Die Bundesrepublik ist in Sachen Camping und Lobbyarbeit ja breit aufgestellt. Es gibt je einen Verband für die Hersteller, die Händler, die Camper und natürlich die Campingunternehmer. Wäre hier nicht eine Stimme in Berlin sinnvoll? Schaal: In der Tat, das wäre sinnvoll. Als Touristiker sehe ich ordentlichen Handlungsbedarf. Nur gemeinsam sind wir stark. Es ist ein Gebot der Zeit, dass wir untereinander die Kooperation deutlich verstärken, auch wenn manchmal etwas divergierende Meinungen vorherrschen. Aber da ist alles veränderbar. Ich bin gespannt auf die nächsten Gespräche mit den anderen Verbänden. Wir können da vieles erreichen. Ich bin dazu bereit.
CI: Was planen Sie für die Zukunft beziehungsweise welche Schritte werden Sie als nächstes unternehmen? Schaal: Wir haben ein sehr großes Portfolio an unterschiedlichsten Aufgaben, bei denen viele Fragestellungen gleichzeitig bearbeitet werden müssen. Gegenwärtig arbeiten wir intern an Arbeitsabläufen, die digitalisiert werden müssen. Dann sind unsere Webseiten zur Überarbeitung dran. Auch hier müssen wir uns gemeinsam mit den Landesverbänden generell mehr auf digitale Themen einstellen und sie auf den Weg bringen. Insbesondere ist es wichtig, dass die Campingplätze online buchbar werden. Das ist auch eines der Top-Themen für die gesamte Branche, genauso wie die Nachhaltigkeit, wo die Campingbranche besonders gut aufgestellt ist. Auch hier gilt: Wir müssen schneller werden.
CI: Es gibt ja noch den Disput mit dem Landesverband Sachsen, der vor einigen Jahren aus dem Bundesverband ausgetreten ist. Einige sächsische Campingplätze sind als Einzelmitglieder gelistet. Sollte hier nicht wieder eine Einigung geschaffen werden? Schaal: Hier kann ich erst etwas dazu sagen, wenn ich persönlich mit den relevanten Personen gesprochen habe. Generell wäre es natürlich für die ganze Branche besser, wenn man gemeinsam an einem Strang in die richtige Richtung zieht.