Ökologische Betriebsführung seit Generationen: Interview mit Katherin Kleingarn vom Insel-Camp Fehmarn

Katherin Kleingarn
Foto: Insel-Camp Fehmarn/Dominik Haf

Das Insel-Camp Fehmarn ist mehrfach ausgezeichnet, gehört nun zu den 11 deutschen Plätzen der LeadingCampings und hat den Generationswechsel vollzogen. CI sprach mit der Betreiberin Katherin Kleingarn über Nachhaltigkeit auf dem Campingplatz und eine erfolgreiche Übernahme des Familienbetriebs.

CI: Das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit gewinnt zunehmend auch in der Campingbranche an Bedeutung. Wie setzen Sie Klimaschutz konkret auf ihrem Campingplatz um? Kleingarn: Ganz aktuell haben wir eine PV-Anlage angeschafft. Gerade für Campingplätze ist das doch sehr interessant, weil sie besonders in sonnigen Monaten sehr viel produziert. Auch unser sonstiger Strom wird zu 100 Prozent aus Sonne, Wind und Wasserkraft erzeugt. Auf dem gesamten Platz verwenden wir Energiesparbeleuchtung und umweltschonende Reinigungsmittel. Für umweltfreundliche Mobilität können sich unsere Gäste Mietfahrräder und einen Elektroroller ausleihen. Darüber hinaus gehören wir den Klimaschutzunternehmen an, hier sind wir der erste und einzige Campingplatz. Wir haben bereits Auszeichnungen durch Ecocamping, EMAS, EU-Ecolabel und die Auszeichnung „Klimafreundlicher Betrieb“ erhalten.

All diese Siegel und Auszeichnungen, an denen wir partizipieren, fordern uns auch regelmäßig, bestimmte Dinge einzuhalten. Vor allem wenn man immer wieder zertifiziert und revalidiert wird, wie es z. B. bei EMAS jedes Jahr der Fall ist. Dadurch sind wir verpflichtet, die Verbräuche zu dokumentieren, bzw. müssen diese offenlegen – also Strom, Wasser, Abfälle bis hin zum Sprit für den Trecker. Wir arbeiten alle zusammen an diesen Zertifizierungen, daher wissen die Mitarbeiter auch automatisch, worauf es ankommt. Das ist ein gutes Konzept, weil jeder immer wieder darauf aufmerksam gemacht wird: „Hey, das ist wichtig.“ Besonders hilfreich ist das in einer hektischen Hochsaison.

CI: Auch ein Punkt ist die Gästekommunikation hinsichtlich der Nachhaltigkeit – oder? Kleingarn: Alles, was wir machen, versuchen wir auch, auf unserer Homepage und in den Sozialen Medien immer wieder darzulegen und aufzuzeigen. Weil es meiner Meinung nach immer noch zu wenig Gäste interessiert. Das ist schade, weil man na- türlich sehr viel Aufwand betreibt. Es wäre schön, wenn unsere Gäste das auch etwas mehr wertschätzen könnten und mitarbeiten würden. Aber das ist ein schwieriger Grad. Würde man zum Beispiel eine Gebühr für Pakete einführen, die von Gästen an die Rezeption geliefert werden und dabei leider sehr viel Müll verursachen, dann schränkt man sie ein. Es würde zwar wahrscheinlich die massenweise Online-Bestellung von Paketen einschränken und das Müllaufkommen dadurch reduziert werden, aber nicht alles kann vorgegeben werden.

CI: Wie könnte man Ihrer Meinung nach Gäste zu mehr Nachhaltigkeit während des Urlaubs bewegen? Kleingarn: Das ginge zum Beispiel über einen speziellen, monetären Anreiz. Eine verbrauchsabhängige Stromrechnung statt einer Pauschale. 90 Prozent der Gäste ist es wichtig, was sie ausgeben. Daher würden sie dann darauf achten und der tägliche Stromverbrauch würde sich reduzieren. Zum Beispiel würden Gäste darauf achten, die Heizung nur laufen zu lassen, wenn sie auch im Wohnwagen sind. Das ist bei der Pauschale eher weniger der Fall. Für diese automatisierte Abrechnung, ohne dass der Kunde an die Rezeption kommen muss zum Bezahlen, haben wir aber noch keinen passenden Mechanismus gefunden. Aufgrund der Vielzahl an Touristenplätzen, die wir haben, überwiegen hier momentan einfach noch die Vorteile der Pauschale. Und personell ist es für uns noch nicht stemmbar, den Strom für jede Person einzeln abzurechnen. Aber wir arbeiten auch hier an Zukunftslösungen.

Katherin und Ellen Kleingarn
Katherin und Ellen Kleingarn, Foto: Insel-Camp Fehmarn/Dominik Haf

CI: Woher kommt bei Ihnen eigentlich das Bestreben, den eigenen Campingplatz nachhaltig zu führen und nach Klimaschutzzielen auszurichten? Kleingarn: Das besteht schon, seitdem meine Eltern den Platz vor fast 25 Jahren gebaut haben. Damals schon haben sie darauf geachtet, dass wir die Räumlichkeiten ressourceneffizient gestalten und so auch arbeiten. Wir hatten schon sehr früh Wasserstoppmechanismen und eine Solarthermie. Und jetzt eine PV-Anlage. Bereits vor 20 Jahren haben wir uns der europäischen Ecocamping-Initiative angeschlossen. Mein Vater selbst kommt aus Meeschendorf aus der Landwirtschaft. Dass die Umwelt so wenig wie möglich belastet wird und man ressourcensparsam und effizient umgeht, damit sind wir aufgewachsen. Da man Unternehmer ist und man den Betrieb effizient führen muss, muss das allerdings natürlich immer auch im Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen. Somit ist es auch immer eine Gratwanderung – manchmal ist beides auf einer Linie, manchmal triftet es natürlich auch auseinander.

CI: War es für Sie schon immer klar, dass Sie den Campingplatz einmal übernehmen werden? Kleingarn: Es war lange Zeit nicht mein Ziel. Vermutlich, weil wir als Kinder nicht auf dem Campingplatz aufgewachsen sind, wie es ja oft der klassische Fall ist. Der Platz ist von meinen Eltern erst gebaut worden, als wir Kinder schon aus der Schule waren. Im Vergleich zu anderen Jungunternehmern sind wir deshalb anfangs damit gar nicht so sehr in Berührung gekommen. Ich habe BWL mit Schwerpunkt Personalmanagement und Wirtschaftspsychologie studiert und in dem Bereich in einer Unternehmensberatung gearbeitet. Als sich meine Eltern zurückziehen wollten, kam dann die Frage auf, ob der Campingplatz extern oder familiär weitergeführt wird. Nachdem ich eine Saison intensiv mitgearbeitet habe, habe ich mich dazu entschieden, den Campingplatz weiterzuführen. Letztendlich war es die richtige Entscheidung. Ich kann viel selbst gestalten, das bringt sehr viel Spaß.

CI: Welches Potenzial sehen Sie bei der Übernahme eines Betriebs innerhalb der Familie? Ergeben sich hierdurch vielleicht auch Konflikte? Kleingarn: Angefangen bei den Konflikten, glaube ich, dass die Vorstellungen und Ideen nicht immer übereinstimmen, da man aus zwei unterschiedlichen Generationen kommt. Das ist, glaube ich, ein Klassiker. Dieses Problem kann allerdings gelöst werden. Wenn wir zu keinem Konsens kommen, entscheiden wir zum Beispiel im Zweifel etwas nicht, bevor wir es zu ad hoc entscheiden. Ein Betrieb innerhalb der Familie bietet aber auch sehr viele Vorteile. Auch wenn die Übergabe schon vonstattengegangen ist, kann man sich an verschiedenen Stellen noch immer mit Informationen behilflich sein lassen. Für meine Eltern ist es ist es natürlich auch wichtig, dass es gut weiterläuft. Das ist dann kein Gegeneinander, das ist ein Miteinander, dass man so nur bei einer Übergabe innerhalb der Familie hat. Da meine Eltern in der Hochsaison oft auf dem Platz sind, verbringen wir als Familie im Sommer viel Zeit zusammen. Diese Intensität miteinander hat man im Alltag sonst nicht.

CI: Wie kann es der Nachfolgegeneration gelingen, eigene Ziele und Visionen in Einklang mit denen der vorherigen Genration zu bringen? Kleingarn: Wenn Ziele und Visionen unterschiedlich sind, muss viel Kommunikation betrieben und viel miteinander gesprochen werden. Da der Betrieb schon an mich übergeben wurde, bin ich recht frei und kann meine Ziele, Visionen verwirklichen. Da die vorherige Generation das Unternehmen erfolgreich aufgebaut hat, ist es eigentlich eher so, dass man sich gerne an Ratschläge dieser hält. Da ich weniger Schwierigkeiten und Konflikte bei Neuanschaffungen und neuen Ideen sehe, bin ich wahrscheinlich risikoaffiner als meine Eltern. Das ist dann wohl einfach Generationssache.

CI: Wie kann die Nachfolgegeneration heute davon begeistert werden, ein Familienunternehmen in der Campingbranche weiterzuführen? Kleingarn: Im Campingbereich höre ich eigentlich eher, dass es mehr Nachfrage gibt als Angebot. Eher die Entscheidung, wer den Platz übernehmen wird, wird hier zum Konflikt. Generell jedoch ist es eine Selbstständigkeit, mit der sicherlich ein hohes unternehmerisches Risiko verbunden ist, das man trägt. Man ist schließlich für eine Vielzahl an Personen verantwortlich, die sich während ihres Urlaubs auf dem Platz befinden. Daher denke ich, wer unternehmerisch ist und gestalten möchte, kann diese Fähig- keiten mit einem touristischen Betrieb, wie einem Campingplatz, sehr gut zum Einsatz bringen.

CI: 2019 haben Sie als erster Campingplatz die Bezahlung mit Bitcoin eingeführt und damit eine neue Richtung eingeschlagen. Wie sieht der Campingplatz der Zukunft Ihrer Meinung nach aus? Kleingarn (lacht): Die Bitcoin-Bezahlung hat bisher nie jemand in Anspruch genommen, nur so als Randnotiz. Ich glaube, der Campingplatz der Zukunft ist sehr automatisiert. Automatisierung wie sie jetzt bereits bei Online-Buchung, Check-In und -Out und der automatischen Schrankenerkennung erfolgt. Das wird in der Zukunft einen großen Stellenwert haben. Ich denke aber, dass die komplette Automatisierung ohne menschlichen Kontakt nicht kommen wird. Den menschlichen Kontakt braucht die Branche auch weiterhin. An der Rezeption bemerken wir das schon jetzt. Die Gäste haben zwar eigentlich schon alles erledigt, trotzdem suchen sie den persönlichen Kontakt zu uns. Das ist durch keine künstliche Intelligenz zu ersetzten. Auch wenn die Automatisierung weiterhin voranschreiten wird, wird man einen Campingplatz nicht komplett autark führen. Es gibt Dinge, die sind nicht ersetzbar.

CI: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Kleingarn, und weiterhin viel Erfolg.

Das Interview führte Susanne Nitsch